Coding Da Vinci – Studierende auf Exkursion
Coding Da Vinci
Bericht zum Exkursionsseminar im Sommersemester 2019
Coding Da Vinci – schon im Namen spiegelt sich die Interdisziplinarität der Veranstaltung wider. Coding, das heißt Informatik, während Da Vinci wohl primär Kunsthistoriker auf den Plan ruft, aber in einer sekundären Reflexion auch ein weiteres Assoziationsfeld eröffnet, eines von Kultur, von Geistes- und Sozialwissenschaften. Als Kulturhackathon geht es bei Coding Da Vinci darum, mit den Daten von verschiedensten Kultureinrichtungen wie diversen Museen über einem Zeitraum von sechs Wochen in Teams Softwareanwendungen zu entwickeln. Dabei vernetzt der Hackathon technikaffine und kulturbegeisterte Communities.
Raus aus der Uni und rein in den Hackathon
Kein Wunder, dass sich da Studierende des Studienganges Digitale Geistes- und Sozialwissenschaften der FAU angesprochen fühlten, denn der Studiengang ist als Schnittstelle von Technologie, Gesellschaft und Kultur konzipiert. Im Rahmen eines Wahlpflichtseminars nahmen vier Studierende der FAU an Coding Da Vinci teil. Dafür ging es von fünften bis siebten April auf Exkursion nach München, zum Kick-Off-Wochenende des Hackathons.
In der Münchner Stadtbibliothek im Gasteig trafen sich am sechsten April mehr als 120 Kultur- und Technikinteressierte, darunter auch einige internationale Gäste, die mit dem Goethe-Institut unter anderem aus Indonesien angereist waren. Anton Biebl, zukünftiger Kulturreferent der Stadt München, eröffnete die Veranstaltung. Begrüßt wurden die Teilnehmer*innen auch durch Hortensia Völckers von der Kulturstiftung des Bundes, die den CdV-Hackathons als “fantastisch funktionierendes Format” eine Förderung von 1,2 Millionen Euro für den erstmalig im Süden stattfindenden Kulturhackathon und bis zu sieben weiteren bis 2022 zusicherte, und durch die beiden Veranstalterinnen Dr. Kathrin Zimmer, Koordinatorin Bildung-Wissenschaft-Kultur im Zentrum Digitalisierung.Bayern, und Sybille Greisinger, Leiterin des Bereiches Digitale Kommunikation der Landesstelle für nichtstaatliche Museen in Bayern.
Im Anschluss fand die One-Minute-Madness statt, in deren Rahmen jede der 31 datengebenden Institutionen eine Minute Zeit hatte, um den von ihr zur Verfügung gestellten Datensatz kurz vorzustellen. Darunter waren Museen wie das Deutsche Museum, das Deutsche Spielearchiv Nürnberg oder auch das Haus der Geschichte Baden-Württemberg. Auch die FAU Erlangen-Nürnberg war als Datengeber vertreten, einmal mit der Antikensammlung der Klassischen Archäologie und der Zoologischen Sammlung der Universitätsbibliothek und andererseits mit dem Fränkischen Wörterbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, das ebenfalls an der hiesigen Universität angesiedelt ist.
Nach diesem kurzen Überblick konnten sich die Teilnehmer*innen je nach Interesse bei zehnminütigen Vorstellungen der Datensätze einen besseren Einblick in diese verschaffen.
Danach ging es ans Eingemachte: Es ging darum, Projektideen zu pitchen, welchen sich dann weitere Interessierte anschließen konnten. Für die Kulturdaten galt: Mash it, move it, discover it, improve it. Unter diesem Motto wurden allerlei kreative Ideen präsentiert.
Nach der Ideenpitching- und Teambuildingphase ergaben sich für die Erlanger Studierenden folgende Projekte: Global Postmaster, ein Geographie-Spiel, das den Datensatz des Museums für Kommunikation in Nürnberg, der Bilder von Postbeuteln aus aller Welt bereitstellt, miteinbezieht, Femtett Adventure Game, ein Point-and-Click Adventure mit historischen Fotografien und Graphiken aus verschiedenen Sammlungen, unter anderem dem Quartett berühmter Frauen aus dem Spear-Archiv des Deutschen Spielearchivs Nürnberg und der Porträtsammlung des Deutschen Museums, und Fränkische Reise, ein Gamebook, in dem man im Rahmen einer interaktiven Geschichte immer wieder mit fränkischem Dialekt konfrontiert wird und welches die Daten des Fränkischen Wörterbuchs miteinbezieht. Nachdem sich Projektideen und entsprechende Teams gefunden hatten, ging es den Rest des Wochenendes größtenteils darum, an diesen zu arbeiten, eventuell schon Prototypen zu basteln und die spätere Zusammenarbeit in den folgenden sechs Wochen Sprintphase bis zur Preisverleihung zu koordinieren. Um es allen An- / Abwesenden möglich zu machen, die Projektverläufe während des Sprints zu verfolgen, wurden die einzelnen Projekte auf dem Coding da Vinci Hackdash gesammelt.
Am Sonntag gab es darüber hinaus Input-Sessions, also Vorträge bzw. Workshops zu den Themen Storytelling, domänenspezifische Sprachen und Game Design, die die Teams bei der Umsetzung ihrer Ideen unterstützen sollten.
Bei einer kurzen Präsentation am Sonntagnachmittag hatten viele Teams nach intensiver Arbeit an ihrem Projekt schon Einiges vorzuzeigen, während andere sich noch nicht vollends sicher bezüglich ihres Konzepts waren. Hinter den Teilnehmer*Innen lag ein arbeitsreiches Wochenende mit vielfältigem interessanten Input, an dem sie sich teilweise zu Teams mit Menschen aus ganz anderen Arbeitsfeldern zusammenfanden und gemeinsam kreative Ideen und Projekte entwickelten. Von der guten Organisation und dem kreativen Potential der Veranstaltung zeugt auch, dass teilweise 5000 Menschen über den Livestream die Entwicklungen mitverfolgten. Zufrieden und voller Vorfreude auf die weitere Arbeit an ihren Projekten reisten auch die Erlanger Studierenden wieder ab.
Schlusssprint zur Projektvorstellung
In den folgenden sechs Wochen ging es darum, das Konzept bzw. das Projekt soweit auszuarbeiten, um bis zum 13. Mai einen Prototyp der Anwendung abgeben zu können. Das bedeutete kontinuierliche Arbeit an den Projekten, wobei die Erlanger Studierenden in wöchentlichen Seminarsitzungen Hilfe und Unterstützung erhielten. Nicht nur auf dem Hackdash, sondern auch auf Twitter konnte man den Prozess mitverfolgen.
Am 18. Mai war es dann so weit: Die Preisverleihung von Coding Da Vinci Süd 2019, diesmal in der Tafelhalle in Nürnberg, stand vor der Tür. Insgesamt 18 Projekte waren eingereicht worden, darunter auch die drei mit Erlanger Beteiligung.
Auf die Einführung von Moderatorin Ann-Kathrin Mittelstraß folgten mehreren Begrüßungen, unter anderem durch die Kulturreferentin der Stadt Nürnberg, Prof. Dr. Julia Lehner, und die erneut anwesenden Veranstalterinnen Dr. Kathrin Zimmer und Sybille Greisinger. Im Anschluss trug Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin die Keynote vor. Sein Vortrag beschäftigte sich mit der Entwicklung der digitalen Gesellschaft. Ihm zufolge haben digitale Technologien haben keine Eigendynamik: “Sie sind abhängig von unseren Entscheidungen und wir verantworten diese Entscheidungen.” (kurz vorher im Seminar angesprochen: Das Buch mit dem Titel “Digitaler Humanismus – Eine Ethik für das Zeitalter der Künstlichen Intelligenz” von Julian Nida-Rümelin und Nathalie Weidenfeld)
Danach ging es an die Projektpräsentationen. Jedes Team hatte fünf Minuten Zeit, sein Resultat der letzten sechs Wochen vorzustellen. Die Abgaben reichten von Spielen bis zu informativen Webseiten oder auch einer Design-Seite für Handyhüllen.
Danach wurden alle die Möglichkeit gegeben, die Prototypen an Präsentationstischen im Foyer zu testen. Nicht nur die Jury, sondern auch die meisten Teilnehmer*innen nahmen alle Projekte genau unter die Lupe, bis es um 17 Uhr mit der Preisverleihung weiterging.
Es wurden von den Jury-Mitgliedern fünf Preise verliehen.
Zunächst vergab Fabrizio Palmas den Preis für “most technical” an Schmankerl Time Machine. Diese Wahl traf die Jury, da das Gründerteam viele unterschiedliche Technologien benutzt hat. Schmankerl Time Machine reist durch die vergangenen 150 Jahre Münchner Wirtshausgeschichte, in dem es Speisekarten spielerisch zur Verfügung stellt und dadurch auch explizit nach (historischen) Gerichten gesucht werden kann. Darauf folgte Effi Tramountani, die den Preis für “most useful” an Linked Stage Graph verlieh. Tramountani erklärte, dass dieses Projekt sehr viel Anwendung findet und gut konzipiert ist. Linked Stage Graph hat Bildern von Aufführungen des Staatstheaters Stuttgart eine chronologische Anordnung gegeben und ihnen durch Coloration neues Leben eingehaucht. Den Preis für den “funniest hack” vergab Philipp Grammes an 162 Ways To Die. “Humor ist eine schwierige Kategorie, aber es hilft, wenn der ganze Saal lacht, weil ein kleines Holzmännchen umfällt”, meinte Grammes. 162 Ways to Die beschäftigte sich mit Jesuitentafeln aus dem 17. Jahrhundert, die das Leben und das Sterben von Ordensbrüdern darstellen. Agnes Lison vergab den Preis für “best design” an COVER:BOUTIQUE. Lison zeigte auf, dass es sich hierbei um eine kleine und simple Anwendung handelt, die in sich stimmig und graphisch sehr anspruchsvoll ist. Mit COVER:BOUTIQUE lassen sich historische Bilder zu einer Collage zusammenfügen und zu einem einzigartigen dekorativen Design für Smartphonehüllen verarbeiten.Zum Schluss durfte Anja Müller den, zuvor per Stimmzettel ermittelten “everybody’s darling”-Preis vergeben. Müller erklärte, dass sich das Publikum nicht ganz einig war und zwei Projekte fast gleichauf waren. Aber letztendlich konnte sich wieder 162 Ways To Die als Gewinner durchsetzen.
Die Gewinner*innen durften sich über Workshop-Teilnahmen und Freikarten für unterschiedliche Tech-Events freuen. Alle anderen Teilnehmer*innen nahmen jedoch nicht nur einen Coding da Vinci-Turnbeutel mit nach Hause nehmen, sondern auch viele neue Kontakte, Eindrücke und Inspirationen. Und – nicht zu vergessen – nehmen die meisten noch nicht fertig gestellte Projekte wieder mit nach Hause, die es alle wert sind, weiterentwickelt zu werden. Man kann gespannt sein, wie es weiter geht!
Teilnehmer*innen des Seminars und Autor*innen des Berichts: Cris Ortega, Sabrina Kreiner, Luisa-Maria Stiller, Nina Brolich